Spur der Kohle
Lange Zeit wurde rund um Leipzig Braunkohle abgebaut, auch heute sind die Spuren von damals noch sichtbar. Zivile Initiativen protestieren gegen die gravierende Umweltverschmutzung. Mit dem Stadtratsbeschluss zum von unserer Fraktion initiierten Antrag „Die Spur der Kohle und der Umweltbewegung in der DDR“ soll die Geschichte der Umweltbewegung als wesentlicher Teil der Friedlichen Revolution stärker auch im öffentlichen Raum abgebildet werden. Die folgende Tour soll einen Einblick in diese Thematik bieten und wesentliche Stationen sicht- und erlebbar machen.

Jugendpfarramt
Unter offizieller Leitung des Jugendpfarramtes in der Burgstraße und in Zusammenarbeit mit dem Kirchliche Forschungsheim Wittenberg wurde 1981 die Arbeitsgruppe Umweltschutz (AGU) als Reaktion auf Umweltverschmutzung und -zerstörung in und um Leipzig gegründet. Das Kirchliche Forschungsheim Wittenberg stellte in Ausstellungen Informationen zum Thema Umwelt bereit, die sonst in der DDR unter Verschluss gehalten wurden. Die Evangelische Kirche ermöglichte damit einen Raum des zivilen Engagements. Jährlich organisierte die AGU zum Weltumwelttag Fahrraddemonstrationen.

Offen gelegte Pleiße
Vorm heutigen Bundesverwaltungsgericht liegt ein mittlerweile wieder offen gelegter Teil des Pleißemühlgrabens. Dieser wurde früher, größtenteils verrohrt, als Abwasserkanal missbraucht, und wies eine derartige Vergiftung auf, dass er den Spitznamen „Rio Phenole“ erhielt. Heute sind wieder viele Bereiche der Pleiße ans Licht geholt worden, weitere sollen noch hinzukommen.

Pleißegedenkmarsch
Am 5. Juni 1988 fand zwischen Paul-Gerhard Kirche in Connewitz und reformierter Kirche in Mitte nach dem Gottesdienst der Pleiße-Gedenkmarsch entlang der Pleiße statt. Dieser wurde von der Arbeitsgruppe Umweltschutz organisiert und zählte laut Unterlagen der Staatssicherheit 120-140 Teilnehmer*innen. Während den Rastpausen des Umzugs fanden Diskussionen statt. Die Teilnehmer*innen trugen Anstecker mit der Aufschrift „Umkehr zum Leben – Umweltschutz Leipzig“. Vor der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in der Karl-Liebknecht-Straße erinnert heute eine Stele zur Friedlichen Revolution mit Erklärungen an den Pleißegedenkmarsch.

Paul-Gerhardt Kirche
Die Paul-Gerhardt Kirche ist wie das Jugendpfarramt in Mitte Teil des Evangelisch-Lutherischen Kirchenbezirks Leipzig. In ihr fand am 4. Juni 1989 der Eröffnungsgottesdienst als Gedenkveranstaltung im Rahmen des geplanten aber von der Stasi verbotenen 2. Pleiße-Gedenkmarschs mit über 1.000 Teilnehmer*innen statt. Zahlreiche Kräfte aus Volkspolizei und Staatssicherheit versammelten sich rund um die Kirche, blockierten die geplante Route des Gedenkzuges. Im Laufe des Tages wurden bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Veranstaltungsteilnehmer*innen 83 Personen festgenommen. Dennoch besuchten über 600 Menschen auch den Abschlussgottesdienst in der Paul-Gerhardt-Kirche, bei dem auch auf auf die ökologische Situation der Stadt und weitere Aktionen der Umweltgruppen hingewiesen wurde. So riefen beispielsweise der Ökologische Arbeitskreis Dresden und das Christliche Umweltseminar (CUR) in Rötha die Aktion „Eine Mark für Espenhain“ ins Leben. Aufgrund des Verbots Unterschriften zu sammeln, wurde Geld für die sanierungsbedürftige Schwelerei des Kohlekraftwerks Espenhain gesammelt, um auf die gewaltige Luftverschmutzung im Leipziger Süden aufmerksam zu machen.
Um die Umweltbewegung nicht allein den Kirchen zu überlassen existierte neben den kirchlichen Umweltgruppen auch staatlich kontrolliertes Umweltengagement in Form des Kulturbundes. Beide Umweltgruppen fanden erst im Zuge der friedlichen Revolution zueinander, was letztlich in der Gründung des Leipziger Ökolöwen und der Umweltbibliothek mündete.
Haus der Demokratie
In der Bernhard-Göring-Str. 152 in Connewitz befindet sich das Haus der Demokratie. In den Innenräumen hat unter unterem der Verein Ökolöwe seinen Sitz, welcher am 23. Oktober 1989 von Mitgliedern der Arbeitsgruppe Umweltschutz (AGU) gegründet wurde. Die Umweltaktivist*innen stammten aus Kirche und Kulturbund während der Friedlichen Revolution. Die in den 1980ern gegründete Umweltbibliothek war eine der größten der DDR und diente als Informationszentrum zum Thema Umwelt. Sie war eine Reaktion auf staatliche Zensur und Desinformation der SED und stellt somit einen wichtigen Teil der Friedlichen Revolution dar. Auch heute finden sich dort noch immer Bücher zu verschiedenen Umweltthemen. Sie ist eine der größten Umweltbibliotheken Deutschlands und befindet sich in freier Trägerschaft. Unsere Fraktion setzt sich regelmäßig für eine gesicherte öffentliche Finanzierung ein. Der Ökolöwe Umweltbund Leipzig e.V. engagiert sich als einer von Leipzigs bedeutsamsten Umweltverbände für “Leipzigs Umwelt und lebenswerte Stadtentwicklung” für eine Verkehrswende und mehr Stadtbegrünung.

Schacht Dölitz
Zwischen Connewitz und Markkleeberg befindet sich der Schacht Dölitz. Er ist das letzte für die Öffentlichkeit zugängliche Zeugnis auf den früher bestriebenen unterirdischen Kohleabbau in Mitteldeutschland. Der ehemalige, zwischen 1907 und 1961 für Braunkohleabbau genutzte Schacht mit Fördergerüst gehört mittlerweile einer Grundstücksgemeinschaft. In Zukunft soll hier auf 2.350 qm Fläche Kunstateliers und Coworking Spaces sowie Platz für Symposien und Lesungen entstehen.

Südlicher Auwald
Wesentliche Teile des Auwaldes südlich von Leipzig wurden in der Vergangenheit zu Gunsten des Braunkohletagebaus zerstört. Auch die Grundwasserabsenkungen, diewährend des Braunkohleabbaus notwendig waren, führten zur weiteren Austrocknung des Waldgebiets bei. Ursprünglich war sogar vorgesehen den Wald bis zur Richard-Lehmann-Straße abzubaggern, um die darunter liegende Braunkohle zu fördern. Glücklicherweise konnte 1992 die Fördereinstellung durch die erfolgreichen Proteste der Bürgerinitiative „Stop Cospuden 1990“ erreicht werden. Der Leipziger Auwald gilt heute als einer der bedeutendsten Auwälder Europas. Er ist zugleich Lebensraum für Pflanzen und Tiere und Erholungsort für Menschen. Er ist prägend für das Leipziger Stadtbild - und das Leipziger Lebensgefühl. Um mehr über den Auwald zu erfahren verweisen wir auf unsere Route „Südlicher Auwald“.

Waldsee Lauer
Der Waldsee Lauer entstand 1970 als Kiesgrube und ist nordöstlich des Cospudener Sees gelegen. Die Lauer ist ein kleines Naturparadies zwischen See und Floßgraben und wird von der Schleuße Cospuden kommend durchquert, wenn man in Richtung Innenstadt paddeln will.
Der "Waldsee Lauer" war als Badesee sehr beliebt, sollte aber Ende der 80er Jahre für den Braunkohletagebau vorbereitet werden. Im Frühjahr 1989 war der Zugang zum See abgesperrt und der Zutritt verboten. Die Menschen hielten sich nicht daran, badeten und sonnten sich weiter. Die Polizei kontrollierte so manches mal die nackten oder knapp bekleideten Badegäste und verlangten den Personalausweis. Als auch das nichts nützte, zerstörte man an vielen Stellen den Zugang zum See und kippte die Badestellen zu. Die Badenden leisteten so bis zum Herbst 1989 Widerstand gegen die Zerstörung des Badesses. Dann kam der Herbst 1989 mit der Friedlichen Revolution, der "Stop Cospuden 1990", der See blieb erhalten und wurde nicht der Kohle geopfert.

Der Cospudener See
Der Cospudener See oder auch Cosi genannt ist wohl der bekannteste Tagebauabfolgesee bei Leipzig. Hier wurde das Abbaufeld Cospuden ab 1994 bis zur Eröffnung des Sees im Rahmen der Expo 2000 geflutet. Wenn man über den Cospudener See und den Zwenkauer See hinaus blickt, sieht man das Kohlekraftwerk Lippendorf, welches heute noch in Betrieb ist. Unsere Fraktion konnte 2019 einen Grundsatzbeschluss zum Ausstieg aus dem Fernwärmebezug aus Lippendorf erreichen, welcher die Stadt ab voraussichtlich 2025 unabhängig von diesem Kraftwerk macht, welches aufgrund seiner Emissionen und seines Quecksilberausstoßes als eines der schmutzigsten Kohlekraftwerke Europas gilt. Infolge dieses Beschlusses wurde durch die Leipziger Stadtwerke das Heizkraftwerk Süd in der Bornaischen Straße erreichtet, welches zukünftig mit grünem Wasserstoff Wärme und Strom für Leipzig erzeugen soll.
Mehr zum Cospudener See gibt es bei der Tour „Der Cospudener See“.

Bistumshöhe
Die Bistumshöhe ist ein Aussichtspunkt am Cospudener See, von dem man aus gut über die Tagebauabfolgeseen des Leipziger Neuseenlandes blicken kann. In der Nähe befindet sich auch der Bergbau-Technik-Park. Weiter südöstlich liegt der Ort Rötha, wo 1981 das Christliche Umweltseminar Rötha (CUR) gegründet wurde. Die bürgerschaftliche Gruppe setzte Baumpflanzaktionen an und wurde aufgrund ihres zivilgesellschaftlichen Engagement, wie andere Gruppen auch, zunehmend von der SED als Bedrohung für die DDR wahrgenommen.

Kulkwitzer See
Der Kulkwitzer See ist ebenfalls Teil des Leipziger Neuseenlands, welches nach dem Ende der Braunkohleförderung angelegt wurde. Er ist momentan der einzige von der DLRG beaufsichtigte See. Die Wassersport-Aktivitäten und Bungalows machen den See zu einem beliebten regionalen Urlaubsziel. Zudem ist der See für seine hohe Wasserqualität und Biodiversität bekannt. Jedoch sind die Dürreperioden der letzten Hitzesommer deutlich am zurückgegangenen Wasserstand des Sees erkennbar.